JUBILÄUM – 100 Jahre Elektrizitätsgesellschaft Levern eG
Der beschauliche Ort Levern im nördlichen Westfalen feiert in diesem Jahr sein 1050-jähriges
Bestehen.
Die örtliche Stromgenossenschaft – die Elektrizitätsgesellschaft Levern eG feiert am 31.
August 2019 ebenfalls ein Jubiläum und wird 100 Jahre alt.
Die Feierlichkeiten finden in Levern im Rahmen einer offiziellen Veranstaltung mit
Vertretern der Gemeinde, Banken, Vereine, Geschäftspartner und diverser
Dienstleistungsunternehmen am Jubiläumstag statt.
Um auch alle Mitglieder und Stromkunden in Levern an diesem besonderen Ereignis teilhaben zu
lassen und darüber hinaus noch das Dorfbild zu verschönern, werden eine Vielzahl der
vorhandenen Kabelverteilerschränke vom Kunst- und Fassadenmaler, Piet Meulenkamp, mit
Motiven aus dem historischen Ortskern oder Wunschmotiven der Anwohner am Standort des
Schrankes bemalt. Erste Stromkästen wurden bereits im Mai fertiggestellt und sind im Ort zu
bewundern.
Außerdem plant das Unternehmen die Beleuchtung der Leverner Windmühle anlässlich besonderer
Veranstaltungen und während der Advents- und Weihnachtszeit.
Zur Historie:
Die Elektrizitätsgesellschaft Levern eG mag heute unter deutschen Strom-Giganten bescheiden
erscheinen. Für Levern und seine Umgebung indessen ist dieses genossenschaftliche
Unternehmen seit nunmehr 100 Jahren ein außerordentlich bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. In
unseren Tagen stellen die störungsfreie Versorgung mit elektrischer Energie und der
Anschluss auch des fernsten Wohn- oder Bauernhauses im ländlichen Bereich eine absolute
Selbstverständlichkeit dar.
Zur Zeit des Ersten Weltkrieges und gleich danach war es das nicht. Da die Bürger des Amtes
Levern seinerzeit gegenüber den Menschen in dichter besiedelten Zonen dennoch nicht
zurückstehen wollten, beschlossen sie, sich selbst mit Strom zu versorgen; sie gründeten
ihre eigene Elektrizitätsgesellschaft.
Schauplatz der Gesellschaftsgründung war am 31. August 1919 der Saal Otto Meyer (heute das
Landgut-Hotel Meyer-Pilz) in Levern. 91 Einwohner erklärten spontan ihren Beitritt.
Gegenstand des Unternehmens sollten laut Statut/Satzung der Bezug, die Benutzung und die
Verteilung elektrischer Energie, ferner der Aufbau und die Unterhaltung eines
Stromverteilungsnetzes sein. Zum Versorgungsgebiet erklärte man die Gemeinde Levern. Unter
Nr. 109 wurde die Genossenschaft wenige Tage darauf beim Amtsgericht eingetragen.
Wie die damaligen Protokolle belegen, übernahm Amtmann Schauhoff den Vorsitz des Vorstandes.
Zum Stellvertreter des Vorsitzenden wählte die erste Generalversammlung Kaufmann
Kloppenburg. Die schriftlichen Angelegenheiten übernahm Zigarrenfabrikant Westerkamp.
Molkereibesitzer Richter übernahm den Posten des stellvertretenden Schriftführers. Die
Kassenführung wurde Amtsrentmeister Haarmeier anvertraut.
Zum ersten Aufsichtsrat gehörten Kaufmann Kettler, Bauer Uhtbrock, Uhrmacher Vahrenkamp,
Bauer Dieckhoff, Kaufmann Redecker und Kaufmann Schlüter.
Während der Weltwirtschaftskrise in den 1920er und 1930er Jahren und des Zweiten Weltkrieges
versuchte man trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse den
Geschäftsbetrieb weitestgehend aufrecht zu erhalten.
Einige Zahlen aus den Jahren seit der Gründung demonstrieren aber die steigende Bedeutung der
Genossenschaft:
1922 hatte die Genossenschaft 854.000,00 Mark Einnahmen und 802.500,00 Mark Ausgaben. Es
wurde ein Gewinn von 51.600,00 Mark erzielt. Aus der Inflationszeit von 1923 an sind
folgende Zahlen bekannt:
675 Billiarden Mark Einnahmen, hingegen nur ein Gewinn von 31,53 Mark. Bis 1938, also kurz
vor dem Zweiten Weltkrieg stieg der Jahresumsatz auf rund 30.000 Mark.
Nach der Währungsreform im Jahre 1948 gab es einen Neuanfang. 1958 wies die Bilanz bereits
wieder eine Endsumme von je fast 70.000,00 DM aus. In jenem Jahr konnte die Genossenschaft –
und das ist noch heute außer dem Strombezug ein zusätzlicher Vorteil für die Mitglieder –
10.286,00 DM Warenrückvergütung auszahlen.
Im Jahr 1969, dem Jahr des 1000-jährigen Bestehens der Gemeinde Levern, zählt die
Genossenschaft 283 Mitglieder mit 1146 Geschäftsanteilen. Den Vorsitz führt Amtsdirektor
Heinz Redecker, sein Stellvertreter war Landwirt W. Thomsmeyer. Weitere Vorstandsmitglieder
waren Karl Menke, Friedrich Weitkamp und Gerhard Terberger. Die Mitglieder des
Aufsichtsrates waren Friedrich Raabe, Friedrich Lampe, Werner Prenzler, Heinrich
Kleine-Kleffmann, Hermann Fischer und Karl Krüger. Geschäftsführer war Wilhelm Wankelmann.
Im Jahr 1969 war das Ortsnetz der genossenschaftlichen Elektrizitätsgesellschaft mit 6
Trafostationen 36 Kilometer lang und lieferte ca. 1.743.000 Kilowattstunden Strom. Heute ist
es mit 10 Trafostationen ca. 55 km lang und liefert ca. 4.000.000 Kilowattstunden Strom. Der
letzte Jahresabschluss weist eine Bilanzsumme von Euro 429.083,00 auf. Die
Warenrückvergütung beträgt 50.300,00 Euro - allerdings inzwischen unter völlig anderen
Voraussetzungen:
Mit dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mussten im Jahre 2005 neue Gesetze und Vorgaben
umgesetzt werden, die von der Bundesnetzagentur überwacht werden. Das sogenannte
„Unbundling“ (Trennung von Netz und Vertrieb) zwang viele kleine Stromgesellschaften in
Deutschland, den Netzbetrieb aufzugeben oder sich anderweitig aufzustellen. Die
Elektrizitätsgesellschaft Levern eG bemühte sich bis zum Jahr 2011, den neuen Anforderungen
durch Inanspruchnahme weiterer kostenintensiver Dienstleistungen zu entsprechen. Im Jahr
2011 entschieden Vorstand und Aufsichtsrat, den Netzbetrieb und die Betriebsführung an die
heutige Westnetz GmbH (Teil von innogy SE) zu verpachten. Mit der innogy SE verbindet die
Genossenschaft eine bereits langjährige und für beide Seiten zufriedenstellende Kooperation.
Seit 2012 ist das Unternehmen nur noch Netzeigentümer und Stromlieferant. Im Jubiläumsjahr
werden ca. 900 Lieferstellen mit Strom versorgt. Der Strombezug erfolgt über die Leipziger
Strombörse in Partnerschaft mit der innogy SE.
Der Vorstand besteht aus 4 Mitgliedern, der 1. Vorsitzende ist André Kutsche. Weitere
Mitglieder des Vorstandes sind Robert Howsa, Ralf Wenzel und Dr. Heinrich Hartmann. Im Aufsichtsrat
sind 5 Mitglieder, Karl-Jürgen Kramer ist der Vorsitzende, ferner gehören Gerhard Stegmann,
Karl-Heinz Warner, Karl-Ernst Vorbröker und Florian Reckmann dem Kontrollorgan an. Alle sind
ehrenamtlich für die Genossenschaft tätig. Die Mitgliederzahl hat sich auf 439 mit 9135
Geschäftsanteilen erhöht. Die Kirchengemeinde Levern ist das älteste Mitglied. Mit der Nr.
94 gehörte sie bereits in den 1930er Jahren zu den ersten Mitgliedern.
Als festangestellte Mitarbeiterin ist Heidi Helmich als Geschäftsführerin im Unternehmen
tätig. Sie übernahm diese Aufgabe im Jahr 2002. Ihr großer Vorteil ist, in Levern geboren
und aufgewachsen zu sein. Im Ort jedes Haus und jede Straße (in der Fachsprache
Marktlokation oder Zählpunkt) zu kennen, ist bei ihrer Arbeit von großem Vorteil.